Der Umgang mit der Menstruation
Die Menstruation ist eine Blutung, die abgebaute Gebärmutterschleimhaut und Sekrete aus dem Körper führt. Dieser Vorgang dient der Reinigung und Entsäuerung, und bereitet gleichsam die Gebärmutter auf eine neu beginnende Phase der Fruchtbarkeit vor. Obwohl die Menstruation ein natürlicher, der Gesundheit und dem Leben dienender Prozess ist, wurde sie in ihrer Kulturgeschichte häufig verteufelt, und nur sehr selten mit positiven Assoziationen bedacht. Wir wollen Sie einladen auf einen kleinen Spaziergang durch die Kulturgeschichte der Menstruation, Ihnen von den bösartigsten Verleumdungen und den von Respekt geprägten Momente erzählen.
Die Menstruation in der Antike
Frauen galten vielen Männern in der Antike als bloßes Beiwerk zum Manne. Folglich wurde der weiblichen Menstruation kein besonderer Wert für die menschliche Fortpflanzung zugestanden. Der männliche Samen enthalte alle wichtigen Kennzeichen des kommenden Kindes, das weibliche Blut (die Eizelle war natürlich noch unbekannt) bilde dabei nur eine Art Nährstoffvorrat für den Samen. Die Menstruation wurde von Hippokrates außerdem als Ursache für die weiblichen Stimmungsschwankungen ausgemacht. Das Menstruationsblut galt als giftiger Stoff, gegen den die Frauen nur durch ihre jahrelange Gewöhnung immun geworden sein. Der Glaube, dass es sich beim Menstruationsblut potenziell um ein Gift handle, hielt sich teilweise bis in das letzte Jahrhundert!
Die Menstruation im Mittelalter
Während es gesamten Mittelalters war die Menstruation stigmatisiert. Hildegard von Bingen machte ihn ihr eine Bestrafung für den Sündenfall aus und andere Gelehrte des Zeitalters wurden nicht müde zu betonen, dass die Periode die Sündhaftigkeit und Triebhaftigkeit der Frauen ersichtlich werden lasse. Im Rahmen der immer noch herrschenden Lehre von den Körpersäften galt der regelmäßige Blutfluss dennoch auch als positives Anzeichen, dass der Körper nach einem harmonischen Ausgleich der Säfte strebt.
Die Menstruation in Neuzeit und Aufklärung
Zwar kam es in den Jahrhunderten nach dem Ende des Mittelalters zu einer gewaltigen Erneuerung des Wissens um Medizin, Anatomie und Biologie im Allgemeinen, aber trotzdem blieb die irrationale Beziehung zur Menstruation in Kraft. Das neue Weltbild beinhaltete wissenschaftliche, vernunftbegründete Prinzipien, diese wurden allerdings konsequent dem Manne zugeschrieben. Der Frau wurde eine starke Betonung des Gefühls sowie eine engere Bindung an die Natur attestiert, und auch hier musste die Menstruation als sichtbares Zeichen dieser Behauptung herhalten. Im 16. Jahrhundert meinte Paracelsus, dass es kein schädlicheres Gift als das der Menstruation geben würde. Rousseau wollte gar wissen, dass die Menstruation eine Reaktion auf das sich entwickelnde, moderne Leben sei- und so dessen Verderbtheit beweisen. Er erklärte sich die Periode als Folge von Überernährung und Reaktion auf eine durch die Zivilisation unterdrückte Sexualität. Ein anderer englischer Arzt war der Auffassung, dass der Beginn der Menstruation mit 14 Jahren erfolge und ihr Ende mit dem 49. Lebensjahr. Er erklärte sich dieses Phänomen, dass hierhinter die pythagoreische Zahlenlehre stehe, und die Zahl 7 auf mysteriöse Weise die Vollkommenheit der lebenspendenden Natur wiederspiegle.
Die Menstruation in der Moderne
Die Industrielle Revolution brachte einen atemberaubenden Entwicklungssprung auf allen Ebenen der Technik. Leider hinkte dem die wissenschaftlich fundierte Gleichstellung der Frau weiter hinterher. Sie galt als ein zur Hysterie neigendes Wesen, und die Menstruation vergrößerte so gesehen die Vielzahl seiner Leiden nur noch weiter. Trotzdem wurde endlich der engere Zusammenhang zwischen Menstruation und Fruchtbarkeit erkannt. Auch wenn man die Menstruation zunächst als ein Balz-Symptom erkannte, da man vermutete, dass der inzwischen bekannte Eisprung in dieser Zeit stattfindet. Andere deuteten die Menstruation als eine nicht stattgefundene Schwangerschaft. Man(n) erkannte darin eine Gefahr für die Frauen, und empfahl ihnen, andauernd schwanger zu werden, um die Menstruation soweit wie möglich zu vermeiden. Wenn Sie es vergessen hatten, der Menstruation hing immer noch ihre unterstellte Giftigkeit an. Entsprechenderweise brachte im Jahre 1919 (!) ein Arzt das vorschnelle Verwelken von Blumen damit in Verbindung, dass seine Haushälterin gerade menstruierte.
Schließlich wurde im Jahre des Herrn 1958, in Worten Neunzehnhundertachtundfünfzig, von einem gewissen Dr. Burger die unwiderlegbare Ungiftigkeit des Menstruationsblutes festgestellt. Trotzdem durften Frauen während der Menstruation in Deutschland bis ins Jahr 1970 kein Blut spenden, da man fürchtete, dass ihr Blut den Abbau der roten Blutkörperchen bewirken würde.
Und bis in die 1980er Jahre durften menstruierende Frauen in manchen Röntgen- und Fotolaboren bei der Entwicklung des Films nicht anwesend sein, da man davon ausging, dass ihre Anwesenheit den Bildern schaden würde.
Die Menstruation heute
Unsere Gesellschaft ist zutiefst davon überzeugt, sich mit den Worten Freiheit, Offenheit und Selbstbestimmung schmücken zu dürfen. Tatsächlich erleben Frauen heutzutage auch keine derart offen ausgetragene Diskriminierung mehr seitens der Gesellschaft, wie sie es die Jahrhunderte zuvor ertragen mussten. Trotzdem fühlen sich viele Frauen immer noch unwohl, wenn es darum geht, selbstbestimmt und offen über die eigene Sexualität zu sprechen oder ihre Freiheiten gar auszuleben. Überall schwirren kleinere und größerer Tabus durch den Raum. Und auch die Menstruation ist noch nicht vollständig rehabilitiert. Man spricht nicht so gerne über Menstruation und Monatshygiene, und arbeitet mit Hilfe von Hormonen gar an der Abschaffung der eigentlichen Menstruation – die Blutung von Anwenderinnen der Antibabypille ist schließlich eine Hormonentzugsblutung, um das Kind beim Namen zu nennen.
Auf der anderen Seite wird sich die moderne Frau im Rahmen der multikulturellen Gesellschaft wieder verstärkt mit kulturell-religiös begründeten Rollenmustern auseinanderzusetzen haben, die zum Teil auch die Menstruation instrumentalisieren, um ihre Ansichten zu bekräftigen.
Deshalb sehen wir eine große Wichtigkeit, über die Menstruation zu sprechen.